| | | | | Ihr tägliches News-Briefing um 18 Uhr | | | Mittwoch, 2. September 2020 | | | | | | | | | | | | | | | | | Blattmacher in der Chefredaktion, DER SPIEGEL | | | | | | | | | | | | | | | | | die drei Fragezeichen heute:- Jens erst recht - Welche Strategie verfolgt Gesundheitsminister Spahn?
- Gift nachgewiesen - Was sagt Merkel zum Fall Nawalny?
- Voluminös, luxuriös, adipös - Wohin rollt die neue S-Klasse von Mercedes?
| | | | | | | | | | | 1. Jens erst recht - Spahns StrategieEtwas Banales sagen und es bedeutungsvoll klingen lassen - wer diese Gabe perfektioniert, kommt ziemlich weit, im Büro wie am Kneipentresen. Und natürlich auch in der Politik, wo die Themenwelten Büro und Kneipe zusammenfinden. Der aktuelle Binsenmeister, und das meine ich durchaus anerkennend, ist Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU, wie diese Auswahl aktueller Zitate zeigt: "Das ganze Leben ist ein Risiko." "Wir lernen jeden Tag besser, unseren neuen Alltag zu finden mit diesem Virus." "Man kann die Lage vom März nicht mit dem Wissen vom September bewerten." "Man würde mit dem Wissen heute keine Friseure und keinen Einzelhandel mehr schließen." | | | | | | | | | | | | | Jens Health ist da Roland Weihrauch / dpa | | | | | | | | Meine Kollegin Julia Merlot aus dem Wissenschaftsressort sagt: "Es klingt, als würde er Fehler einräumen, dabei verteidigt er die Entscheidungen, wenn man genau hinhört." (Eine ausführliche Analyse finden Sie hier.) Dazu kommen die Auftritte im NRW-Kommunalwahlkampf, bei denen Spahn auch vor Gesprächsversuchen mit Leuten nicht zurückschreckt, die erkennbar nicht am Dialog interessiert sind - die ihn anspucken und anpöbeln. Ich, der Gesprächsbereite, das ist die Botschaft - die ja nicht falsch sein muss. Mein Kollege Sebastian Fischer aus unserem Hauptstadtbüro sagt: "Alles, was Spahn sagt und macht, dient auch der Inszenierung." Was Sebastian nicht negativ verstanden wissen will, Inszenierung gehöre eben zum politischen Handwerk. "Wer seine Politik nicht erzählen kann, bekommt ein Problem." Er erinnert an einen Spahn-Satz aus dem Frühling: "Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich einander viel verzeihen müssen", hatte der Minister verkündet. "Auch das eine Binse, aber eine clevere", sagt Sebastian. Banal und bedeutungsvoll. 2. "Zweifelsfreier Nachweis", "bestürzende Informationen"Bürokratisch nüchtern ist die Mitteilung des Regierungssprechers formuliert, der Inhalt ist brisant genug: "Auf Veranlassung der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat ein Spezial-Labor der Bundeswehr eine toxikologische Untersuchung anhand von Proben Alexej Nawalnys durchgeführt. Hierbei wurde der zweifelsfreie Nachweis eines chemischen Nervenkampfstoffes der Nowitschok-Gruppe erbracht." Damit bestätigt sich, was die Unterstützer des Kremlkritikers längst vermuteten und wofür die behandelnden Ärzte bereits Hinweise gefunden hatten. (Was das Gift im Körper anrichtet, lesen Sie hier.) Dieses Komplott, die Vergiftung eines russischen Oppositionellen, ist weit mehr als nur ein Krimi, es ist Weltpolitik. (Eine Rekonstruktion der bisherigen Ereignisse lesen Sie hier.) Nun kommt es auf die weiteren Reaktionen an. | | | | | | | | | | | | | Merkel beim Statement zu Nawalny - hier im Video Markus Schreiber / dpa | | | | | | | | Bürokratisch nüchtern und doch bestimmt äußerte sich auch die Kanzlerin am Abend: Von "bestürzenden Informationen" sprach Merkel. "Die Welt wird auf Antworten warten", sagte sie. "Es stellen sich jetzt sehr schwerwiegende Fragen, die nur die russische Regierung beantworten kann und beantworten muss." Merkel sagte außerdem, das Verbrechen an Nawalny "richtet sich gegen die Grundwerte und Grundrechte, für die wir eintreten." Gemeinsam mit den Partnern in der Nato und in der EU werde man nun beraten und "im Lichte der russischen Einlassungen über eine angemessene, gemeinsame Reaktion entscheiden". Die Charité teilte mit, Nawalny liege nach wie vor auf der Intensivstation. Sein Zustand sei ernst. Das gilt auch auch für die russisch-deutschen Beziehungen. 3. S ist so weitMercedes hat heute die neue S-Klasse präsentiert. Eine solche Nachricht wäre normalerweise an mir vorbeigezogen, denn ich gehöre eher nicht zur Zielgruppe: Alle Autos, die ich je kaufte, kosteten wahrscheinlich weniger als ein gutes Lastenfahrrad, alle zusammengerechnet. | | | | | | | | | | | | | S-thetik PHILIPP GUELLAND/EPA-EFE/Shutterstock | | | | | | | | Aber wie jeden guten Verriss, habe ich auch den Text meines Kollegen Jürgen Pander über das Mercedes-Flaggschiff gern gelesen. Der Schlüsselsatz lautet: "Voluminös, luxuriös, adipös - die S-Klasse pflegt in der neuen, elften Generation einen Stil, der zwangsläufig in die Sackgasse führt. Eine Kehrtwende erscheint - trotz Allradlenkung - unmöglich." Früher setzte Mercedes Standards, jetzt regiert das Chichi: "Die S-Klasse trug maßgeblich dazu bei, dass die Autowelt sicherer wurde - außerdem immer komfortabler und wuchtiger", schreibt Jürgen Pander. Früher überraschte Mercedes seine Kunden mit ABS - heute mit beleuchteten Gurtschlössern und allerlei Duft-, Licht- und Soundprogrammierungen, im Autohändler-Deutsch "Klanglandschaften" genannt. Jürgen Pander fragt sich, "ob das eigentlich noch ein Auto ist oder doch eher ein Mobilitäts-Avatar, eine Art rollendes Smarthome"? | | | | | | | | Was heute sonst noch wichtig istGesichtsschilde sind weniger effektiv als Stoffmasken: Wie wirksam halten Visiere Atemtröpfchen zurück? US-Forscher gelangten jetzt zu einem ernüchternden Ergebnis. Zugriff am Ostseestrand: 50 Verdächtige, zwölf Bundesländer, 2000 Beweismittel: Mit einer bundesweiten Großrazzia ist die Polizei am Dienstag gegen mutmaßliche Pädokriminelle vorgegangen. Jetzt wurden Einzelheiten bekannt. Esken darf Demonstranten "Covidioten" nennen: Gegen SPD-Chefin Saskia Esken wird es wegen der von ihr verwendeten Bezeichnung "Covidioten" für die Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen keine Ermittlungen geben. Das teilte die Berliner Justiz mit. Erster Corona-Fall im Camp Moria: Auf der griechischen Insel Lesbos im berüchtigten Flüchtlingslager Moria ist der erste Corona-Fall registriert worden. Die Behörden verhängten eine 14-tägige Quarantäne für das Camp.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlenDer 22-Jährige, der Lukaschenko gefährlich wird: Lukaschenkos Gegner organisieren den Aufstand in Belarus mithilfe der Chat-App Telegram, den wichtigsten Kanal "Nexta" leitet Stepan Putilo. Dagegen ist der Autokrat machtlos. So reagierten AfD-Politiker auf einen Leitfaden für den Umgang mit Rechten: Der Hamburger Christian Weiß ließ allen 709 Bundestagsabgeordneten das Buch "Sag was. Radikal höflich gegen Rechtspopulismus argumentieren" zukommen. Einige antworteten. Die Globalisierung, eine deutsche Erfolgsgeschichte: Deutsche Familienunternehmen fingen früh an, die Weltmärkte für sich zu nutzen. Auf ihrem Erfolg beruht zum großen Teil der Wohlstand des Landes. Der Anruf, auf den Boris Becker zwanzig Jahre gewartet hat: 22 Hallen- und 18 Außenplätze auf 48.000 Quadratmetern: Im Main-Taunus-Kreis entsteht die Boris Becker International Tennis Academy. Was dahintersteckt und welche Rolle der prominente Namensgeber spielt. | | | | | | | | Was heute nicht so wichtig ist | | | | | | | | | | | | | Hairreinspaziert Madame Tussauds New York / dpa | | | | | | | | | | Und heute Abend?Vielleicht einen Ausflug ins lineare Fernsehen wagen, gar nicht weit, nur bis zur ersten Taste auf der Fernbedienung: Die ARD zeigt die Komödie "Schönes Schlamassel", die mit Klischees und Vorurteilen im deutsch-jüdischen Verhältnis spielt. Dieter Hallervorden gibt darin einen betrügerischen Schriftsteller nach einem realen Vorbild. "Regisseur Wolfgang Murnberger hat zusammen mit Peter Probst ein ziemlich cleveres Drehbuch geschrieben, auch wenn die Pointen manchmal etwas klappern", findet mein Kollege Martin Doerry (hier lesen Sie die ganze Rezension). Um 20.15 Uhr müssten Sie einschalten - oder doch streamen. | | | | | | | | | | | | | Komm rum zur Romcom Stephan Schaar/ ARD | | | | | | | | In diesem Sinne: Erst Abendessen, dann das Erste. Ihnen einen schönen Abend. Herzlich, Ihr Oliver Trenkamp Hier können Sie die "Lage am Abend" per Mail bestellen. | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Möchten Sie ändern, wie Sie diese E-Mails erhalten? | | | | | Jetzt laden: Die SPIEGEL-App für iOS und Android | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | DER SPIEGEL GmbH & Co. KG Ericusspitze 1 • 20457 Hamburg Tel. 040 3007-0 E-Mail: spiegel@spiegel.de
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