Heute geht es um den schwierigen Wahlkampf von Kamala Harris, den Showdown zwischen IG Metall und VW-Spitze und um die Frage, ob die SPD in ihrer Haltung zu Ru
Heute geht es um den schwierigen Wahlkampf von Kamala Harris, den Showdown zwischen IG Metall und VW-Spitze und um die Frage, ob die SPD in ihrer Haltung zu Russland wieder bei Gerhard Schröder gelandet ist.
Eine gewagte Wette
Wer die US-Präsidentschaftswahl in der kommenden Woche gewinnen wird, darüber lässt sich keine seriöse Prognose treffen. Das Momentum hat Donald Trump, wie die Umfragen zeigen. Das Hoch, das Kamala Harris in den Wochen nach ihrer Nominierung getragen hat, hat sich verflüchtigt.
Was die Frage aufwirft: Haben die Demokraten die richtige Kandidatin?
Die demokratischen Führungsleute sind eine Wette eingegangen, als sie Harris nominierten. Sie haben sich hinter einer Frau versammelt, deren Schwächen allgemein bekannt waren. Dafür haben sie einen Vorwahlkampf vermieden, der die Partei möglicherweise gespalten hätte. Das war ein nachvollziehbares Kalkül, und zunächst schien es auch aufzugehen.
Doch mittlerweile zeigt sich, dass die erste Euphorie vor allem damit zu tun hatte, dass Präsident Joe Biden nicht wieder antreten wollte. Und es wird immer deutlicher, was Harris fehlt.
Sie hat als Vizepräsidentin kein Profil gewonnen. Ihre Position bei wichtigen politischen Themen ist unklar. Vor allem in der entscheidenden Frage, wer ihre wirtschaftliche Lage verbessern würde, trauen die Wählerinnen und Wähler Trump mehr zu.
Weil selbst schwarze Männer und Latinos ins rechte Lager überlaufen, muss Harris auf die Frauen hoffen. Die unterstützen die Demokratin mit deutlicher Mehrheit.
Wenn Harris verlieren sollte, dann liegt die Hauptverantwortung nicht bei ihr. Der entscheidende Fehler wurde vorher gemacht. Die Demokraten haben zu lange die Augen davor verschlossen, dass Biden einem Wahlkampf, geschweige denn dem Präsidentenamt, nicht mehr gewachsen ist. Bleibt zu hoffen, dass die USA und der Westen dafür nicht bitter bezahlen werden.
Wird Volkswagen bald drei Werke schließen und Zehntausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer feuern? Heute beginnen die Tarifverhandlungen mit der IG Metall, dann wird man rasch wissen, wie ernst diese Drohung gemeint ist.
Elektro-VW: Fehler auf allen Seiten
Julian Stratenschulte / dpa
Nicht nur, was das VW-Management vorhat, klingt monströs. Auch die Forderung der Gewerkschaft ist es. Sieben Prozent mehr Gehalt, und das in einer Zeit, in der die Konjunktur lahmt und die Arbeitslosigkeit steigt. Ab Dezember könnte gar gestreikt werden.
An der schwierigen Lage des größten deutschen Autokonzerns sind alle Beteiligten schuld: Der Vorstand, der viel zu lange auf das China-Geschäft gesetzt und die Elektromobilität verschlafen hat. Der Betriebsrat, der Privilegien der Beschäftigten verteidigt hat, von denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in anderen Unternehmen nur träumen können. Und die Politik, die 20 Prozent der Stimmrechte im Konzern hält und sich immer mal wieder in Unternehmensentscheidungen einmischt.
Dass sich bei VW etwas ändern muss, ist unstrittig. Die Kosten dafür dürfen nicht allein auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Auch die Konzernführung muss ihren Teil beisteuern. Und die Politik sollte sich ausnahmsweise mal heraushalten.
Das erfordert von allen Beteiligten den Mut, neue Wege zu gehen. Der hat in der Vergangenheit gefehlt. Bisher spricht wenig dafür, dass sich das geändert hat.
Der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat sich in eine sozialdemokratische Traditionslinie gestellt, von der man hoffte, dass sie überwunden sei. Miersch erklärte im »Stern«, dass Ex-Bundeskanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder wieder Teil der SPD sei. Zu Erinnerung: Schröder ist der Kanzler, der sich nach seinem Ausscheiden aus dem Amt vom russischen Autokraten einen bezahlten Job andienen ließ und der sich trotz des russischen Überfalls auf die Ukraine schwertut, seinen Kumpel in Moskau zu kritisieren.
SPD-Politiker Miersch: Nicht alles schwarz-weiß?
Kay Nietfeld / dpa
Warum auch? »Auch hier dürfen wir nicht in Schwarz-Weiß-Kategorien denken«, sagte Miersch mit Blick auf den russischen Überfall. Soll wohl heißen: Wenn zwei sich streiten, ist nie einer allein schuld. Das mag für Ehen zutreffen. Im Falle Ukraine ist die Schuldfrage eindeutig.
Miersch ist in seiner Partei nicht allein. Fraktionschef Rolf Mützenich ist für Verhandlungen mit Putin, obwohl der nicht verhandeln will. Zunehmend allein ist dagegen der Kanzler. Olaf Scholz hat eine klare Haltung zu Putin, nur finden sich immer weniger Sozialdemokraten, die diese Haltung teilen.
Dafür sind führende SPD-Politiker bereit, der Russlandfreundin und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht weit entgegenzukommen. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke ließ es zu, dass in einem Sondierungspapier mit dem BSW die geplante Stationierung von US-Raketen in Deutschland infrage gestellt wird – eine Stationierung, um die Scholz die Amerikaner gebeten hatte. Mein Kollege Timo Lehmann hat das mit angemessenem Furor kritisiert.
Wenn das so weitergeht, ist die SPD bald wieder da, wo sie unter Schröder schon einmal war.
Mit Donald Trump käme das Chaos zurück: Selbst wenn Kamala Harris die Wahl verliert, würde Amerika nicht in die Diktatur abgleiten. Eine zweite Trump-Präsidentschaft wäre dennoch ein großes Problem. Das zeigt ein Blick zurück auf seine erste Amtszeit (S+).
Grünen-Politikerin Baerbock: Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Bilal Hussein / AP / dpa
... ist Annalena Baerbock, 43. Die Außenministerin hatte mit »schwerwiegende Konsequenzen« gedroht, falls Iran den deutsch-iranischen Regimegegner Jamshid Sharmahd hinrichten sollte. Die Konsequenzen sahen dann so aus: Das Auswärtige Amt bestellte den Leiter der iranischen Botschaft ein und übermittelte einen »scharfen Protest«.
Baerbock ist in dieser Sache Wiederholungstäterin. Sie bekannte sich mehrfach zu einer feministischen Außenpolitik – und blieb weitgehend tatenlos, als die iranische Führung im Herbst 2022 die vor allem von Frauen getragenen Proteste im Land gewaltsam niederschlug. Sie versprach, ihre Politik werde wertegeleitet sein – und stimmte dem Verkauf von Munition für den Eurofighter an Saudi-Arabien zu. Seit Guido Westerwelle klafften bei keinem Außenminister der moralische Anspruch und die reale Politik so weit auseinander.
Das ist fatal, weil Baerbock – anders als Westerwelle – keine schlechte Außenpolitik macht. Doch wenn Reden und Tun nicht zueinanderpassen, dann schwächt das die eigene Position. Das gilt vor allem in einem Amt, in dem Reden das wichtigste Instrument ist.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
Zahlreiche Tote nach Sturzfluten im Südosten Spaniens:Stürme mit extremen Niederschlägen sorgen in Spanien für Angst und Chaos. In der Region Valencia werden mehrere Leichen gefunden. Straßen verwandeln sich in reißende Flüsse, und ein Zug rutscht von den Schienen.
Lebenslange Haft für Angriff auf Ehemann von Nancy Pelosi: Eigentlich sollte es die US-Politikerin Nancy Pelosi treffen, stattdessen schlug der Angreifer mit einem Hammer auf ihren Ehemann ein. Nun ist der Täter erneut verurteilt worden – diesmal zu lebenslänglich.
Pentagon hat fast 8000 Prozent zu viel für Boeing-Auftrag bezahlt: Für Verteidigung geben die USA großzügig Geld aus. Eine Prüfungsbehörde schlägt nun Alarm: Boeing soll der US-Luftwaffe deutlich überteuerte Seifenspender verkauft haben. Der Konzern prüft den Fall.
Diese Geschicht möchte ich Ihnen heute besonders empfehlen:
George Foreman bereitete sich mit Tischtennis auf den Ali-Kampf vor
AP / picture alliance
Rumble in the Jungle: Es war das vielleicht relevanteste Sportereignis des 20. Jahrhunderts, nicht nur für Afrika. 1974 boxte Muhammad Ali in Kinshasa am Kongo gegen George Foreman. 60.000 Menschen waren im Stadion, weltweit sahen eine Milliarde am Fernseher zu. Zum 50. Jahrestag erinnert mein Kollege Marco Fuchs nicht nur an die beiden Boxer, sondern auch an andere Menschen, deren Leben für immer von diesem Kampf verändert wurde: Einer floh, einer wurde Prediger, einer wechselte die Seiten. (S+)
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