Heute geht es darum, was mit dem Drama der FDP noch alles verloren geht. Um eine Formulierung Lindners, die aufhorchen lässt. Die SPD und ihre Lust aufs Träume
Heute geht es darum, was mit dem Drama der FDP noch alles verloren geht. Um eine Formulierung Lindners, die aufhorchen lässt. Die SPD und ihre Lust aufs Träumen. Und schließlich: Wofür sich Putin bei Merkel entschuldigt.
Nur nah an der Komödie
Das Drama der FDP ist zu groß, als dass es jetzt schnell vorbeiziehen wird.
Würde der Filmemacher Helmut Dietl (»Schtonk«), der Meister der funkelnden Satire, noch leben, er säße in diesen Stunden vermutlich an einem Drehbuch über die FDP und deren Planungen für eine »Feldschlacht« gegen die eigenen Koalitionspartner.
Zurückgetrener FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai: Zu großes Drama
Michael Kappeler / dpa
Dietls Komödien waren zum Lachen und zum Weinen. Immer schwang auch Melancholie mit. Dietl war nie nur schadenfroh.
Tatsächlich ist die Entwicklung, die die FDP genommen hat, auch bedauerlich.
Die Partei blickt nicht nur auf eine ehrenwerte Geschichte zurück, zu der viele Jahre der Regierungsbeteiligungen gehörten. Sie brachte auch regelmäßig wichtige Impulse ein, wie während der Coronakrise, als sie immer wieder auf die Bürgerrechte pochte.
Selbst wenn man nicht ihrer Meinung war, konnte man ihre Stimme schätzen.
Die Grenzen zwischen Komödie und Tragödie sind fließend. Auf das ganze Land gesehen, ist es eine Tragödie, was gerade passiert: dass in Zeiten des wachsenden Populismus eine Partei, die immer zur bürgerlichen Mitte gehörte, dem Ansehen der Politik insgesamt schadet.
Sprache kann entlarven, Sprache kann schützen, Sprache kann fast alles.
Über die entlarvende Diktion im FDP-Papier ist schon viel geschrieben worden, also soll es hier um Sprache als Schutz gehen. Schauen wir uns einmal an, was Christian Lindner genau über das Papier gesagt hat.
FDP-Parteichef Lindner: Wortgewaltig auch in Nuancen
John Macdougall / AFP
Er sagte nicht, er habe es »nicht gekannt«, sondern er nutzte gestern eine nuanciertere, eine weichere Wendung: Er habe es »nicht zur Kenntnis genommen«.
Man kann etwas vor sich sehen, aber zugleich nicht zur Kenntnis nehmen, also nicht beachten, bemerken, nicht realisieren, dass es da ist.
Hat er das Papier also doch gesehen, möchte sich aber für den Fall, dass ihm jemand etwas anderes beweist, darauf zurückziehen, es nicht beachtet zu haben?
Das ist nur eine Vermutung, aber es wäre ein gutes Beispiel für eine Sprache, die schützen soll.
Gestern Abend hat Christian Lindner sowohl in einem Interview bei den »Tagesthemen«, als auch in einem im »heute journal« mit geschliffenen Formulierungen eine ohnehin schon unklare Lage noch unübersichtlicher gemacht.
Auch die SPD startet ein Experiment mit der Sprache, sie veranstaltet heute eine »Wahlsiegkonferenz«. Zwar findet die Wahl erst in 85 Tagen statt, und es sieht auch gerade nicht so aus, als würde die Partei gut abschneiden, aber Wünsche können eigenwillige Formulierungen generieren.
Kanzler Scholz: Wahlsieg in der Ferne, »Wahlsiegkonferenz« ganz nah
John MacDougall / AFP
In der Berliner Parteizentrale werden heute rund 400 Kandidatinnen und Kandidaten erwartet, Kanzlerkandidat Olaf Scholz wird seine erste große Wahlkampfrede halten. Außerdem reden die Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil.
In der SPD-Parteizeitung »Vorwärts« bekannte sich der für seine sachliche Art bekannte Kanzler gestern überraschend zum magischen Denken. Er spielte auf den Wahltermin im Februar 2025 an und sagte, er habe in Hamburg »mit dem Februar als Wahltermin schon zweimal sehr gute Erfahrung gemacht. Ich nehme das mal als gutes Omen für die nächsten Monate.«
…ist der russische Präsident Wladimir Putin. Er hat sich zwar, ganz Gentleman, jetzt bei der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel entschuldigt. Aber nicht etwa dafür, dass ihr bis auf alle Ewigkeit anhängen wird, ihn nicht in den Griff bekommen zu haben.
Es ging um etwas anderes. Er entschuldigte sich dafür, ihr bei einem Treffen 2007 einmal mit einem Hund Angst gemacht zu haben. Er bezog sich darauf, dass Merkel diese Szene in ihren gerade erschienenen Memoiren beschrieben hat. Putin sagte, er habe nicht gewusst, dass Merkel Angst vor Hunden habe.
Kanzlerin Merkel, Russlands Präsident Putin (2007): Hund, mal echt, mal ausgestopft
Sergei Chirikov / DPA
Das kann nicht ganz stimmen. Denn 2006 hat er ihr, laut Merkel, bereits einen großen ausgestopften Hund überreicht – und dazu gesagt, dass der nicht beißen würde.
Ukraine schickt Reserven an östliche Front: Putins Truppen rücken im Osten der Ukraine weiter vor. Ein russischer Durchbruch im Donbass würde wichtige Städte am Dnipro gefährden. Daher versucht Kyjiw nun, die besonders bedrohten Frontabschnitte zu stärken.
Bürgerkrieg erschüttert den Nordwesten Syriens: Vorrückende Dschihadisten kontrollieren offenbar bereits mehrere Viertel der Großstadt Aleppo. Machthaber Assad kündigt nun eine Gegenoffensive an, Unterstützung kommt von der russischen Luftwaffe.
Verbraucherschützer verklagen Kosmetikfirma von Torwart Manuel Neuer: Einem Medienbericht zufolge bemängelt der Verbraucherzentrale Bundesverband irreführende Werbeaussagen über Produkte der Marke Newkee. Unter anderem geht es um die Zuschreibung »klimaneutral«.
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