Gas oder nicht Gas – wie kommt Deutschland (und die Parteizentrale der Grünen) durch den Winter?
Tod im Bunker – wie konnte Israel Hisbollah-Chef Nasrallah 50 Meter unter der Erde töten?
Raus aus den Schulden – warum wird Peter Zwegat ewig leben?
1. Mehr Gas geben
Rauchende Schornsteine in Heidelberg: Wie steht es um die deutsche Gasversorgung?
Daniel Kubirski / picture alliance
Läuft inzwischen die Wärmepumpe der Berliner Parteizentrale der Grünen? Mein Kollege Serafin Reiber hat im Juni vergangenen Jahres darüber berichtet, dass die Energiewende auch für die Klimapartei keine Ausnahme macht und sich in ihrer deutschesten Form, Edition »Bürokratie«, im Innenhof besichtigen lässt: ein blauer Kasten, Kabelgewucher, aufgerissenes Kopfsteinpflaster (hier die ganze Geschichte (S+)).
Es ist ja auch kompliziert: Eine Spezialbohrmaschine, die mit einem Kran in den Innenhof gehoben werden muss. Das Genehmigungsverfahren für die Erdbohrung – zwei Jahre hat allein das gedauert. Und dann müssen im gesamten Haus Rohre verlegt werden, in einer Bestandsimmobilie. »Wir bauen erst das Haus um und danach das Land«, sagte Michael Kellner noch 2020 mit Stolz. Da war er noch Bundesgeschäftsführer.
Inzwischen ist er Staatssekretär bei Robert Habeck im Wirtschaftsministerium. Und die Wärmepumpe? »Sie läuft«, sagt Jan Hölting vom Presseteam der Grünen. Und das schon seit einer Weile, erst im Probebetrieb, inzwischen regulär. Was eine gute Nachricht für die Partei, die auf diesem Metier in den vergangenen Tagen ja nicht gerade überversorgt war.
Und es geht noch weiter, Habecks Ministerium hat offenbar geliefert: »Die meisten der 49 deutschen Gasspeicher sind derzeit fast voll. Der aktuelle bundesweite Füllstand liegt bei 96 Prozent«, berichtet mein Kollege Stefan Schultz aus dem Wirtschaftsteam (S+). Für alle, bei denen noch keine Wärmepumpe brummt, bedeutet das: Entspannung. Zumindest beim Preis: »Großhändler, die Erdgas zur Lieferung in den kommenden Monaten vorbestellen, zahlen dafür auch nicht mehr als 40 Euro pro Megawattstunde«, so Stefan. Während der Energiekrise waren es noch mehr als 300 Euro. Vielleicht bleibt da ja auch was übrig, zum Sparen. Auf eine neue Wärmepumpe? Lesen Sie hier, wie sich der Gaspreis für Neukunden entwickelt hat und was Experten für den Winter prognostizieren: So steht es um die Gasversorgung im kommenden Winter. (S+)
Frau mit Porträt des getöteten Hassan Nasrallah: 50 Meter unter der Erde fühlte sich die Hisbollah sicher – ein fataler Irrtum
Ahmad Al-Rubaye / AFP
Hat Netflix eigentlich schon den englischen Regisseur Guy Ritchie angerufen und eine Serie über den israelischen Geheimdienst Mossad bestellt? Explodierende Pager und Walkie-Talkies. Jeremy Strong als klandestiner Chef David Barnea. Und Hugh Grant als, na ja, eigentlich egal, Hauptsache, er spielt mit. Das offizielle Motto der Spione stammt, natürlich, aus der Bibel: »Wo nicht weiser Rat ist, da geht das Volk unter; wo aber viele Ratgeber sind, findet sich Hilfe.«
Und so setzt der Mossad konsequent auf Human Resources: 7000 Menschen sollen für ihn arbeiten, das ist etwa ein Drittel so viel wie die CIA, dazu ein weltweites Netz ziviler Unterstützer. Ritchies Netflix-Serie würde wahrscheinlich 1960 in Buenos Aires beginnen: Mossad-Agenten spüren Naziverbrecher Adolf Eichmann auf, sedieren ihn mit Spritzen und entführen ihn nach Jerusalem.
Schnitt auf 2010: Das Virus »Stuxnet« legt die iranische Urananreicherungsfabrik von Natans lahm, Tausende Zentrifugen werden zerstört – die Operation »Olympische Spiele«. Pannen gehören natürlich auch zum Rückblick im Staffelauftakt: 1998 wollen Mossad-Agenten ein Telefon in Bern anzapfen, machen dabei allerdings so einen Lärm, dass Nachbarn die Kantonspolizei alarmieren. Peinlich.
Bei der Jagd auf die Hisbollah agiert der Mossad jedenfalls deutlich erfolgreicher – und mit brutaler Konsequenz: Zuletzt pulverisierten 85 Tonnen Bomben der israelischen Armee den Bunkerkomplex des Generalsekretärs Hassan Nasrallah, innerhalb von vier Sekunden schlugen sie ein. 50 Meter unter der Erde starb der Chef der Miliz in seinem Versteck, offenbar am Explosionstrauma (hier mehr dazu (S+)).
»Wie kann man so unvorsichtig sein?«, rätselt ein ehemaliger Terrorkommandeur, den mein Kollege Christoph Reuter interviewen konnte. Die Pager-Attacke, die gezielten Raketenangriffe: »Warum haben die ihre Bewegungsmuster, ihre Aufenthaltsorte, ihre Kommunikation nicht angepasst?«, so der Ex-Kämpfer, den sie früher den »Eisenmann« nannten. Christoph hat im Süden Beiruts recherchiert und in seiner Geschichte rekonstruiert, wie der Anschlag auf Nasrallah glücken konnte. Mit einem Serien-Script hat die Realität vor Ort nichts zu tun: »Wir erleben hier am laufenden Band sehr normale Leute, deren Leben weggebombt worden sind, die verletzt stundenlang am Straßenrand liegen, weil die Krankenhäuser überfüllt sind«, schreibt mir Christoph. Menschen, die in den Norden des Landes geflohen sind und getroffen werden, wo sicher keine Hisbollah-Raketenwerfer stehen. »Der Rest ist ein Albtraum.«
»Man lebt zweimal: das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung«, schrieb der französische Schriftsteller Honoré de Balzac über den Tod. In meiner Erinnerung wird Peter Zwegat, Deutschlands berühmtester Schuldnerberater, ewig durch den Nieselregen einer deutschen Vorortsiedlung stechschreiten, mit Aktenkoffer und Trenchcoat. Er wird in einer Resopal-Küche am Tisch sitzen und verzweifelten Menschen streng, aber herzlich vorrechnen, warum ihr Geld nicht reicht. Und was sie tun könnten, um ihr Leben zurückzubekommen. »Raus aus den Schulden«, das war Zwegats Show bei RTL, von 2007 bis 2019 (mit Unterbrechungen) gab der Diplomsozialpädagoge und Autor den Zuhörer, Macher und Organisierer auf dem Bildschirm. Angela Merkel wollte ihn treffen – und bot ihm an, Finanzminister zu werden, »der Erste, der etwas von Geld versteht«, so Zwegat in seiner Biografie »Am Aschermittwoch fing alles an«. Auf das Jobangebot ging er nicht ein, genauso wenig wie auf die vielen Comeback-Wünsche: »Ich vermisse die Öffentlichkeit nicht«, sagte Zwegat in einem der seltenen Interviews. Fans hat er bis heute: Es gibt Zwegat-Masken zum Ausschneiden oder T-Shirts – »Noch zweimal tanken, dann kommt Peter Zwegat«. Am 9. August 2024 ist Peter Zwegat plötzlich und unerwartet gestorben. Er wurde 74 Jahre alt.
Ministerpräsident Günther zeigt sich offen für Schwarz-Grün im Bund: In Schleswig-Holstein führt Daniel Günther eine schwarz-grüne Koalition und will diese Option auch für die Bundesebene. Er rät seiner Partei, sich weniger von den »hasenfüßigen« Vorgaben aus Bayern beeinflussen zu lassen.
Tempo der Meereserwärmung hat sich seit 2005 fast verdoppelt: Die Ozeane sind so heiß wie nie. Mehr als 20 Prozent der Meeresoberflächen machten 2023 eine schwere oder extreme Hitzewelle durch. Zudem gab es einen nie dagewesenen Meereisverlust.
Russland erhöht Militärausgaben deutlich: Höhere Steuern für hohe Einkommen: Für die Finanzierung seines Kriegs in der Ukraine greift der Kreml zu neuen Maßnahmen. Es soll noch mehr Geld in die »Landesverteidigung« fließen, wie es aus Moskau heißt.
Mohamed Al Fayed soll auch Fürstin Diana belästigt haben: »In der ägyptischen Tradition kommt der Vater zuerst«: Mit diesen Worten soll Mohamed Al Fayed Fürstin Diana zum Sex aufgefordert haben. Das behauptet nun ihr früherer Butler. Es ist nicht die erste Anschuldigung dieser Art.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
»In der ersten Woche konnte ich nicht schlafen«: Marion Dubreuil ist eine von zwei Frauen unter den Gerichtszeichnern im Vergewaltigungsprozess von Avignon. Als eine der wenigen im Saal kann sie den 51 Angeklagten direkt ins Gesicht sehen, während sie aussagen (S+).
Die letzten Chinesen: Vor 75 Jahren endete Chinas Bürgerkrieg. Die gestürzte Regierung floh mit Hunderttausenden Soldaten nach Taiwan. In einem Veteranenheim in Taipeh trifft man alte Männer mit ewiggestrigen Ansichten und Sehnsüchten nach Großchina (S+).
Experten fordern Arbeitszeitmessung für Lehrkräfte: Viele Lehrer arbeiten mehr, als das Gesetz zulässt – davon zeigen sich Bildungsforscher im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung überzeugt. Sie wollen das bisherige Modell abschaffen und schlagen eine Soll-Jahresarbeitszeit vor.
Muriel Furrer ist tot, und alle machen weiter: Der Tod der 18-jährigen Muriel Furrer hat die Sportwelt erschüttert. Ob der Radsport seine Lehren daraus zieht? Unwahrscheinlich. Die Branche nimmt die Gefahr achselzuckend hin (S+).
Was heute weniger wichtig ist
Halle Berry: »Eine der komplexesten Figuren, die ich je verkörpern durfte«
PG / Bauer-Griffin / GC Images / Getty Images
Let it grow:Halle Berry, 58, trägt ihr Achselhaar nun, ähm, üppig. In einem Instagram-Post posiert sie mit einer regelrechten Matte unter dem Arm. »Was hast du da gemacht, Norma?«, fragt sie in einem Clip. Adressat ist Norma Patton-Lowin, Berrys Maskenbildnerin. »Norma hat mir künstliche Achselhaare verschafft« , löst die Oscarpreisträgerin schließlich auf. Hintergrund: In dem Thriller »Never Let Go – Lass niemals los« spielt sie eine Frau, die mit ihren Zwillingssöhnen in die Wildnis flüchtet. Ohne Plan, ohne Geld. Und ganz offensichtlich ohne Rasierer.
Ring-A-Ding-Ding: Es ist lange her, Helmut Kohl war noch Kanzler und in deutschen Wäldern weideten noch Dinosaurier, da habe ich mit einigen Mitschülern und einer Videokamera das »A-Team« nachgedreht, genau, diese Ikone der US-Action-Serien der Achtzigerjahre. Budget: 14 Mark, wir haben sie in Plastikpistolen und Böller investiert. Special-FX: Zwei Videorekorder, mit denen man Überblendungen schneiden konnte. Soundtrack: mein 66-Tasten-Keyboard. Ich weiß nicht warum, aber seit ich die zweite Staffel von »Ringe der Macht« (S+)auf Amazon Prime schaue, muss ich oft an unsere Schulhof-Edition vom »A-Team« denken. Der Plot – wir hatten ja keine Ahnung. Die Schauspieler – viel Herz, aber hey, wir waren zwölf. Die Kostüme – well, auch nicht viel schlechter als die Orks in der milliardenteuren »Ringe«-Produktion. »Verriss!«, schnauben Sie jetzt, was eine ungerechte Assoziation? Dann gucken Sie heute Abend doch »Ringe der Macht« , vielleicht die neueste, siebte Folge und schreiben Sie mir, was Sie daran berührt hat. Wo Sie mitgefiebert haben, bei welcher Szene Sie gelacht oder geweint haben. Ich bin genauso gespannt wie Sie.
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