Heute geht es um die nur scheinbar komfortable Lage des Friedrich Merz, um ein ungemütliches Genossentreffen für Olaf Scholz und einen Überraschungsbesuch des ukrainischen Präsidenten.
Wie antwortet Merz auf Söder?
Die Ampel zerlegt sich selbst, Olaf Scholz’ Beliebtheitswerte sind im Keller, die Union ist in den Umfragen bundesweit stärkste Kraft. Es läuft für Friedrich Merz, könnte man meinen. Wenn sich die Spitze der Bundestagsfraktion von CDU und CSU heute im brandenburgischen Neuhardenberg zur Klausur trifft, dann wäre das doch eine gute Gelegenheit für deren Vorsitzenden, ganz selbstbewusst den Kurs aufs Kanzleramt abzustecken.
Friedrich Merz beim Wahlkampf in Brandenburg
Tobias Schwarz / AFP
Die Realität aber ist komplizierter.
Von der Schwäche der Ampel müsste die Union demoskopisch eigentlich noch mehr profitieren. Aber da sind ja auch noch AfD und BSW. Die starken Ergebnisse der Rechtsaußen und der Wagenknecht-Truppe bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen bescheren Merz heikle Debatten, über bröselige Brandmauern auf der einen und schmerzhafte Koalitionen auf der anderen Seite. Mitten rein in die unruhige Lage lässt Markus Söder aus dem Bierzelt verlauten, dass er zur Kanzlerkandidatur für die Union bereit wäre.
Eine Antwort auf die bayerische Stinkbombe steht noch aus. Kommt sie heute aus Neuhardenberg, indem Merz erklärt, dass er es machen will? Unwahrscheinlich, weil Söder dann einen Bruch der Absprache beklagen könnte. Die sieht vor, dass beide die K-Frage einvernehmlich klären. Die CSU sitzt bei der Klausur natürlich mit am Tisch – aber nicht der bayerische Ministerpräsident.
Anderseits: Bei Merz weiß man nie. Wenn er genervt ist …
Kleiner Trost für Friedrich Merz: Für Olaf Scholz wird der Klausurtag sicher ungemütlicher. Auch die SPD-Abgeordneten kommen wie immer zum Ende der Sommerpause zusammen, und zwar in voller Fraktionsstärke. Im brandenburgischen Nauen soll der Kanzler zu Beginn für ein paar Stunden dabei sein.
Olaf Scholz beim Bürgerdialog
John Macdougall / AFP
Nach dem Wahldebakel vom Wochenende dürfte die Stimmung nicht besonders gut sein. Die Frage ist: Wie lässt sie sich drehen?
Öffentlich hat sich der Kanzler bisher mit Kommentaren zum thüringischen und sächsischen Desaster zurückgehalten. Gestern Abend wurde er nun bei einem Bürgergespräch in Berlin nach dem miserablen Erscheinungsbild seiner Regierung gefragt. Er habe recht, erwiderte Scholz dem Fragesteller. Und fragte dann zurück: »Welches Patentrezept haben Sie? Ich meine, ich frage für einen Freund.«
Das mag in dem Moment lustig sein. Allerdings unternahm Scholz anschließend nicht einmal den Versuch einer ernsthaften Antwort, außer dem Bürger beizupflichten, dass es besser sei, Probleme intern zu klären. Was seit zwei Jahren und acht Monaten in der Ampel nicht funktioniert.
Der Kanzler aber scheine trotz allem immer noch davon überzeugt, »dass er seine Arbeit ganz ordentlich macht, was aber leider viele nicht einsehen wollen«, schreibt meine Kollegin Marina Kormbaki, die bei dem Termin dabei war.
Sicher ist: Die Genossen werden sich heute nicht mit einem kleinen Gag abspeisen lassen.
Wohlwollende Beobachter sprechen von Führungsstärke, Kritiker von Aktionismus, der Präsident selbst erhofft sich »neue Energie« – für die Ukraine, für die Regierung, aber wohl auch für sich selbst. Wolodymyr Selenskyj hat den schon länger angekündigten Umbau des Kabinetts eingeleitet. Mehrere Minister müssen gehen, darunter auch Außenminister Dmytro Kuleba. Das Rücktrittsgesuch des Chefdiplomaten muss heute noch vom Parlament akzeptiert werden. Dann will Selenskyj auch die ersten Neubesetzungen bekannt geben.
Ukrainischer Präsident Selenskyj
Valentyn Ogirenko / REUTERS
»Neue Energie« kann Selenskyj auch an der Front gebrauchen. Am Dienstag starben beim blutigsten russischen Angriff dieses Jahres Dutzende Menschen im zentralukrainischen Poltawa, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurde Lwiw im Westen des Landes von Raketen getroffen, es gab mindestens sieben Todesopfer.
Mein Kollege Matthias Gebauer hat erfahren, dass der Präsident morgen überraschend nach Deutschland zum Treffen der sogenannten Ramstein-Kontaktgruppe reisen will, um dort persönlich bei den westlichen Partnern für weitere Waffenlieferungen zu werben. Normalerweise kommen auf der US-Luftwaffenbasis in Ramstein regelmäßig die Verteidigungsminister und Militärs der Ukraine-Unterstützer zusammen. Nun heißt es in Berlin, Selenskyj wolle selbst den Ernst der Lage schildern und um frische Waffen für seine Armee bitten. Dabei gehe es vor allem um weitreichende Raketen und mehr Flugabwehr.
»Bisher herrschte in Ramstein eher eine Arbeitsatmosphäre, Selenskyjs Besuch dürfte den Termin jedoch politisch aufladen«, sagt Matthias.
…ist Markus Rehm. Der Weitspringer, der am rechten Bein unterhalb des Knies amputiert ist und eine Prothese trägt, hat bei den Paralympics in Paris Gold gewonnen – zum vierten Mal in Serie. Insgesamt ist es für den 36-Jährigen sogar der fünfte Paralympics-Triumph, 2016 siegte er auch mit der Sprintstaffel. Dazu kommen beeindruckende neun WM- und acht EM-Titel.
Markus Rehm
Beautiful Sports / B.Hoffmann / IMAGO
Rehms Goldweite: 8,13 Meter. Der Weltrekord liegt bei 8,73 Meter. Gehalten von, natürlich, Markus Rehm.
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