Willkommen zum Chefredakteurs-Newsletter! .

 
 

29.September 2024, 20:11 Uhr

 
 

Autonomes Fahren kommt – aber wozu und warum?

 
 

… fragt sich Digital-Chefredakteur Gerd Stegmaier nach der KI-Fachtagung und dem Kongress von auto motor und sport in der Allianz-Arena mit zahlreichen Gesprächen.

Auf dem auto motor und sport Kongress 2024 durften mein Kollege Luca Leicht und ich beispielsweise Christian Senger von Volkswagen Nutzfahrzeuge in einer Folge unseres Podcast-Formats "Moove" zum Thema Software und sowas wie deren Königsdisziplin im Automobilbereich, dem autonomen Fahren, löchern. Aus dem bemerkenswerten und erkenntnisreichen Gespräch lässt sich viel zur Technik selbstfahrender Autos lernen, mehr noch aber zu den Einsatzmöglichkeiten und dazu wiederum nötigen Schlüsselkompetenzen.

 
 

Einmal mehr wird deutlich, dass die wenigsten technischen Errungenschaften sich ohne einen Anwendungszweck durchsetzen. Der Zweck ist in unserer Gesellschaft meist ein Geschäftsmodell. Je mehr Geld es zu verdienen verspricht, desto größer der Antrieb, die Technik zur Marktreife zu entwickeln.

 

Wo kommt autonomes Fahren zuerst?

 

Aber was ist das Geschäftsmodell autonom fahrender Fahrzeuge? Als Fähigkeit eines Privatwagens hat ein Auto, das keinen Fahrer braucht, vergleichsweise wenig Einsatzmöglichkeiten, für die man viel Geld bei der Anschaffung ausgeben würde – zumal dann, wenn die Technik trotz seltenen Gebrauchs dann zu 100 Prozent zuverlässig funktionieren muss, um ihren Zweck überhaupt zu erfüllen. Christian Senger gibt ein schönes Beispiel: Wer mit seinem Bentley abends zur Weinprobe fährt, dürfte wenig begeistert sein, wenn der fahrende Untersatz die chauffierte Heimfahrt mit dem Hinweis auf ein bevorstehendes Starkregenereignis ablehnen muss.

 
 

Vor allem, wenn das für die persönlich erlebte Einsatzbilanz heißt: In wenigen der benötigten Fälle bietet das System ausreichend Einsatzsicherheit. Zumal der autonom fahrende Privatwagen idealerweise überall oder zumindest in ganz Europa allein fahren können müsste, um für seinen Käufer zuverlässig nutzbar zu sein.

 
 

Erfolgreiche Einsätze in den allermeisten Fällen hingegen könnten mit mehrsitzigen Robotaxis (Ride-Hailing, wie bei VWs Dienst Moia) in bestimmten Städten darstellbar sein: Da kommt auf Tausende Personenkilometer vielleicht nur einer mit Starkregen, der die Technik streiken lässt – weil viel mehr Menschen die Technik rund um die Uhr nutzen. Und die haben im Zweifel Transport-Alternativen und würden unter Umständen schon bei versuchter Buchung einen Hinweis auf Nicht-Verfügbarkeit bekommen.

 
 

Für Autokäufer rentiert das selbstfahrende Auto noch lange nicht

 

Hinzu kommt: Die teure Technik skaliert besser, wie es im Industrie-Sprech heißt. Soll heißen, die Investition verteilt sich auf mehr Anwendungsfälle und rentiert sich schneller. Weil Ride-Hailing bzw. ein Taxi bei jeder Nutzung bezahlt wird bzw. Umsatz macht, der die Anschaffungskosten "reinholt". Wenn die Technik dann noch die Betriebskosten (durch spätestens nachts teure Fahrer) senkt, klingelt Kaufmanns Kasse.

 
 

Christian Senger glaubt daher, dass autonomes Fahren (nach Level 4) zuerst bei Robo-Shuttles kommt. Die Früchte seiner Arbeit bei der Entwicklung des Vollautonomen Fahrens und Mobility & Transport as a Service bei Volkswagen will er ab 2027 im Straßeneinsatz sehen. Autonom fahrende Paketzustellung dürfte übrigens seiner Einschätzung nach in fernerer Zukunft liegen. Einleuchtende Begründung: Pakete können die letzten Meter nicht selbst zurücklegen. Das erledigen aktuell die Fahrer der Zustelldienste.

 
 

An denen mangelt es, auch beim Personentransport. In der Wirtschaftslogik hat Knappes die Tendenz zur Verteuerung, und es lohnt sich die Substitution durch investitionsbedürftige Technik. Bei aller Begeisterung für High Tech: Der volkswirtschaftliche Sinn für ihre Entwicklung drängt sich nicht sofort auf. Schließlich ist der Mangel an Fahrern kein Naturgesetz, ihre Ausbildung dauert keine Ewigkeiten und Jobs helfen dem Bruttosozialprodukt. Nur ein Exportschlager in Form genialer Technologie bliebe aus – wenn der nicht eh aus China oder den USA kommt. Aber vielleicht ließe sich das Know-how, wie free floating Ride Hailing funktioniert und die Mobilität in den Städten nachhaltig unterstützen kann, international vermarkten?

 

Sie wollen wissen, was Christian Senger im Podcast noch erzählt hat? Hören Sie rein!

 
 
Entdecken Sie unsere Apps:
 
 
Folgen Sie uns hier: