• Mehr Obdachlose in Hamburg als in ganz Baden-Württemberg • Architektenkammer kritisiert Planänderungen bei den Essohäusern • Politiker verurteilen Torten-Angriff auf FDP-Chef • Heute mit Gastro-Tipp: das Juan sin Miedo in Ottensen
 
 
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Mehr Obdachlose in Hamburg als in ganz Baden-Württemberg Architektenkammer kritisiert Planänderungen bei den Essohäusern Politiker verurteilen Torten-Angriff auf FDP-Chef Heute mit Gastro-Tipp: das Juan sin Miedo in Ottensen
   
 
 

Liebe Leser,

zum Ende der Woche möchte ich Ihnen kurz vom Anfang der Woche erzählen. Denn am Montagabend war ich auf einer Veranstaltung im Rathaus, die seitdem in meinem Kopf vom Wahlkampfgetöse übertönt wurde. Die aber genau deshalb schön war. Zur Ruhe kommen. Das Handy weglegen. Und zuhören.
 
Diese Veranstaltung hieß »Literatur im Rathaus« und war ein Experiment. So zumindest kündigte es Bürgermeister Peter Tschentscher an, der als Hausherr im sehr gut besuchten Großen Festsaal nur kurz auf die Bühne kam, »Hallo« sagte, »Schön, dass Sie alle da sind«, und noch so was wie »Wir probieren das jetzt einfach mal aus«.
 
Dann war der Bürgermeister schon wieder weg. Nach ihm durfte lediglich noch ein einziger anderer Mann auf die Bühne und dieser auch nur, um am Lesepult die Wassergläser auszutauschen. Der Rest des Abends gehörte Frauen.
 
Jetzt lasen Isabel Bogdan, Mia Raben, Karen Köhler und Simone Buchholz nacheinander aus ihren neuen Romanen vor, jede eine Viertelstunde lang. Moderiert wurde der Abend von Antje Flemming, die im Mai die Leitung des Literaturhauses übernimmt.  
 
Warum ausschließlich Frauen lasen, thematisierte Flemming nicht. Alle Beteiligten ignorierten diesen Umstand mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der man noch vor einigen Jahren ausschließlich Männer eingeladen hätte. Ist das Fortschritt? Es ist zumindest mal eine Abwechslung.
 
Bogdan, Buchholz und Köhler sind recht prominente Schriftstellerinnen, Mia Raben kannte ich noch nicht. Sie las aus ihrem Debütroman »Unter Dojczen« – und das war für mich der Höhepunkt des Abends.
 
»Dojcze«, das sind Leute, mit denen die Romanheldin Jola beruflich zu tun hat. Jola wird nämlich regelmäßig im Kleinbus aus ihrer polnischen Heimat nach Deutschland gefahren, um hier als Altenpflegerin zu arbeiten. Übrigens: Falls Sie versucht sind, bei »Jola« das »Oh« und »Ah« zu betonen, so wie das viele Dojcze tun, kommt hier der Hinweis im O-Ton der Heldin: »›Jola‹ man sagt mit kurzes ›O‹, wie Roller.«
 
Dieser Akzent klingt im Kontext dieses Newsletters vielleicht burlesk oder überheblich, aber so habe ich ihn nicht empfunden, als Mia Raben vorlas. Ich war sofort eingenommen von Jola und davon, wie sie durch das Fenster des Kleinbusses auf die Stadt schaute, in der sie nun arbeiten würde. Auf diese große Straße, »eine Art Boulevard«, wo aufgebrezelte Frauen vor einer Fastfoodkette stehen. Oder auf den Stadtteil im Westen, mit Hecken und »Trampolins« im Garten.
 
Eine Viertelstunde Vorlesezeit vergeht schnell, wenn man die eigene Stadt durch fremde Augen sieht. Und wenn man Menschen kennenlernt, von denen man glaubt, dass man sie mögen könnte, obwohl man weiß, dass es sie gar nicht gibt.
 
Leider gab es keinen Büchertisch bei »Literatur im Rathaus«, das war das einzige Manko dieser Veranstaltung. Denn als ich das Rathaus verließ, hatte schräg gegenüber die Buchhandlung Marissal längst geschlossen. Und um die Ecke auch Felix Jud. Wo in der Innenstadt bekommt man neue Romane, wenn man sie werktags nach 20 Uhr dringend braucht?
 
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende,
 
Ihr Oskar Piegsa
 
PS: Was denken junge Menschen, die zum ersten Mal wählen und die Bürgerschaft mitbestimmen dürfen? Das würden wir gerne von ihnen erfahren. Wir suchen Hamburgerinnen und Hamburger zwischen 16 und 21 Jahren, die mit uns über ihre politischen Sorgen, Wünsche und Überzeugungen sprechen. Kennen Sie so jemanden? Sind Sie so einer (m/w/d)? Dann schreiben Sie uns doch bitte eine E-Mail mit ein paar Sätzen zur Person und einer Telefonnummer. Danke!
 
 
Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir berichten sollten? Schreiben Sie uns eine E-Mail an hamburg@zeit.de

 
 
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Was heute wichtig ist
 
 
 
Laut einer neuen Studie sind 3.787 Menschen in Hamburg obdachlos. Demnach leben hier mehr Menschen auf der Straße als in ganz Baden-Württemberg, das etwa sechsmal so viele Einwohner hat. Die Sozialbehörde zeigte sich nicht überrascht von dieser Zahl, die im neuen Wohnungslosenbericht der Bundesregierung veröffentlicht wurde. Man habe eine deutliche Zunahme seit der letzten Studie im Jahr 2018 erwartet, sagte Staatsrätin Petra Lotzkat. Zwei Drittel der Obdachlosen in Hamburg hätten keinen Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland, sagte die Staatsrätin, deshalb könne man ihnen nur begrenzt helfen.
 
Die Architektenkammer kritisiert die Planänderungen beim Neubau der Essohäuser. In einem offenen Brief, den die Kammer gemeinsam mit weiteren Verbänden aufsetzte, begrüßte sie den Kauf des Areals am Spielbudenplatz durch die Stadt. Es sei aber »nicht hinnehmbar«, dass in diesem Zuge die Zahl der geplanten Wohnungen von 200 auf 160 reduziert, die Größe eines Hotels von 180 auf 350 Zimmer fast verdoppelt sowie weitere Änderungen vorgenommen worden seien. Das sei auch »ein Affront gegenüber den Menschen auf St. Pauli«, die sich an der Planung beteiligt hatten.
 
Nachdem FDP-Chef Christian Lindner mit einer Art Torte aus Schaum beworfen wurde, verurteilten Politikerinnen und Politiker in Hamburg diese Tat. Eine Lokalpolitikerin der Linkspartei hatte Lindner gestern bei einer Wahlkampfveranstaltung in Greifswald angegriffen. Der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der sich wegen einer heute beginnenden Klausur seiner Partei gerade in Hamburg aufhält, sprach von einem »Vorgeschmack darauf, was wir möglicherweise in diesem Wahlkampf noch erleben« werden. Er sagte: »Ich hoffe, dass uns das erspart bleibt.« Ein Sprecher der SPD mahnte: »Unabhängig von politischen Differenzen sollten Meinungsverschiedenheiten sachlich und respektvoll ausgetragen werden.« Cansu Özdemir, Spitzenkandidatin der hiesigen Linken, sagte, sie setze auf inhaltliche Auseinandersetzungen statt auf Tortenwürfe.
 
In aller Kürze
 
Seit Jahresbeginn gibt es in Hamburg eine elterngeldähnliche Sonderleistung für Pflegefamilien Heute vor 50 Jahren wurde der Elbtunnel der A7 eröffnet, durch den täglich 120.000 Fahrzeuge rollen, ein Fünftel davon Lastwagen Und: Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat zwei Hamburger aus der Partei ausgeschlossen. Sie hatten gegen den Willen der Parteispitze einen eigenen Landesverband gegründet
 
   
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Der große Jahresrückblick 2024 mit dem Elbvertiefungs-Team
 
 
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Thema des Tages
 
 

Der beste Weg von hier bis in den Sommer
 
Andere Städte sparen ihr Kulturleben kaputt, Hamburg baut es aus. Vor uns liegen Monate voll Kunst, Musik, Theater und Literatur.
 
In vielen deutschen Städten wird an der Kultur gespart. Hamburg aber baut sein Engagement für die Künste aus. Ende des vergangenen Jahres wurde das Kulturbudget um mehr als zehn Prozent erhöht. »Bauen« ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen: Zurzeit werden das Haus der Photographie und das Museum für Hamburgische Geschichte aufwendig saniert, anschließend soll das Museum am Rothenbaum folgen. Auch die Kulturfabrik Kampnagel wird auf- und ausgebaut.

Außerdem sind gleich mehrere neue Kultur- und Bildungseinrichtungen geplant. Ein echtes Naturkundemuseum gab es in Hamburg seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, nun soll ein »Evolutioneum« entstehen. Es könnte den Elbtower retten, der als Bauruine in der HafenCity steht. Für die Innenstadt ist ein »Haus der digitalen Welt« vorgesehen, das Angebote der Bücherhallen und der Volkshochschule bündelt. Und dann ist da noch die Idee eines neuen Opernhauses. Doch all das betrifft die kommenden Jahre, teilweise auch erst das nächste Jahrzehnt.

Worauf wir uns im Hamburger Kulturleben in den Monaten Januar bis August 2025 freuen, das steht in der ungekürzten Fassung unserer Terminvorschau auf ZEIT ONLINE.

Zum vollständigen Artikel
 
 
   
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Deutschland um 1980
Fotografien aus einem fernen Land

Mit Arbeiten von Barbara Klemm, Angela Neuke, Christian von Alvensleben, Martin Langer, Ingolf Thiel, Asmus Henkel, Mahmoud Dabdoub, Gerd Danigel, Hans-Martin Küster und Wilfried Bauer, bis 07. April im Altonaer Museum.
   
 
 
Der Satz
 
 
»Was war das für ein Treffen, das die Republik erschüttert und Millionen Menschen auf die Straßen gebracht hat?«
 

Heute Abend bringt Kampnagel die »Correctiv«-Recherche zum »Geheimtreffen in Potsdam« auf die Bühne (psst, es gibt noch Tickets!). Zur Einstimmung empfehlen wir die Recherche zur Recherche: Die ZEIT-Redakteure Anne Hähnig und Marc Widmann versuchen zu rekonstruieren, was bei der Konferenz in Potsdam tatsächlich geschah – den ganzen Artikel lesen Sie hier.
 
 
   
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LITERATUR zur LAGE
 
Geraubte Geschichten?
Schriftstellerische Blicke auf die Zeit des Kolonialismus
 
Donnerstag, 16.01.2025, 19 Uhr
Bucerius Kunst Forum
 
Jan Ehlert (NDR Kultur-Redakteur) im Gespräch mit der Autorin Mithu Sanyal
Lesung: Prince Kuhlmann
 
Eine Veranstaltung der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS
Foto: Mithu Sanyal © Carolin Windel
   
 
 
MAHLZEIT – Die Gastrokritik
 
 
Hier, so kommt es einem vor, ist jeden Abend Silvester. Im Juan sin Miedo dröhnt Musik, der Kellner singt mit, während er die im Gang Schlange stehenden Gäste zu ihren Tischen manövriert. Die frühere Filmhauskneipe in den Zeisehallen hat auch als Restaurant ihren Kneipencharme bewahrt. Und was die Filme angeht: Einige Plakate an der Wand bewerben mexikanische B-Movies, in denen Wrestler gegen Mumien kämpfen.
 
Das Juan sin Miedo ist ein Gemeinschaftsprojekt von drei Gastronomen, denen Hamburg das Tigre und die Mexiko Straße verdankt, zwei der besten Adressen für lateinamerikanische Küche. Hier offerieren sie hauptsächlich Tacos, die aber sehr anders sind als das, was man so kennt. Auf den »selbstverständlich hausgemachten« Maismehltortillas liegen mal gebackene Calamari, mal Streifen von der geschmorten Rinderzunge oder marinierte Pilze. Limette und Koriander sind immer dabei, sonst aber nur wenige, gut abgestimmte Kleckse Soße, etwa von schwarzen Bohnen oder geröstetem Knoblauch. So kommen die guten Produkte zur Geltung, und man hat nicht das Gefühl, immer das Gleiche zu essen. Dass mexikanische Küche auch erfrischend und leicht sein kann, zeigen gerade die fantasievollen veganen Gerichte, etwa die Aguachile von Lychees und Gurken mit herb-saurer Tomatillo-Salsa.
 
Schwerer hat man es hier mit guten Vorsätzen, die Alkohol betreffen. Die Cocktails sind ziemlich gut, sogar als Speisebegleiter. Der Mezcal Mule mit Sellerie kommt selbst gegen Chilis an.
 
Michael Allmaier
 
Juan sin Miedo
Friedensallee 7 (Ottensen) · Tel. 0151 449 957 95
 
 
 
Darauf können Sie sich freuen
 
 
In der Fabrik der Künste werden in der Gemeinschaftsausstellung »schrill schräg bunt« sehr unterschiedliche Werke von drei Hamburger Künstlerinnen und Künstlern gezeigt. Der Titel ist hier Programm, schrill, schräg und bunt sind die Arbeiten: Skulpturen und Karikatur-Figuren von Marina Krohs, Cartoons von Ulf Krüger und Fotos aus verschiedenen Hamburger Stadtteilen des Pressefotografen Ronald Sawatzki.
 
»schrill schräg bunt«, bis 19.1., Fabrik der Künste, Kreuzbrook 12; Mi–Fr, 15–19 Uhr, Sa+So, 11–19 Uhr
 
   
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Dieses Angebot ist ausschließlich gültig solange der Vorrat reicht.
   
 
 
Meine Stadt
 
 
 
Billi
Foto: Claudia Seyfarth
 
 
 
Hamburger Schnack
 
 
Ein Ehepaar steht im Supermarkt an der Kühltheke für vegetarische Lebensmittel. Beide schauen etwas ratlos durch die Regale. Dann sagt die Frau: »Sie haben ja gesagt, sie bringen sich was Eigenes mit!«
 
Gehört von Anja Friedenberg
 
   
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Schau mal: Was Hamburg an Kunst unter freiem Himmel zu bieten hat
 
Diesen fundiert wie geistreich getexteten Bildband, herausgegeben vom Freundeskreis UKE für Kinder mit -Demenz e.V., kann man nicht im Buchhandel kaufen. Man erhält ihn aber als Dankeschön für eine Spende von mindestens € 30,00. 
 
Helfen auch Sie und bestellen unter 
www.fk-kindermitdemenz.de
   
 
 
Die heutige Ausgabe zum vertieften Lesen
 
 
Der beste Weg von hier bis in den Sommer (Z+) – Andere Städte sparen ihr Kulturleben kaputt, Hamburg baut es aus. Vor uns liegen sechs Monate voll Kunst, Musik, Theater und Literatur. Eine Vorschau

Was genau geschah in Potsdam? (Z+) – Vor einem Jahr schrieb »Correctiv« über eine Konferenz im Landhaus Adlon. Dort sei eine massenhafte Vertreibung aus Deutschland geplant worden. Die Teilnehmer bestreiten das bis heute vehement. Aber sind sie auch nur in Ansätzen glaubhaft?
 
IMPRESSUM
 
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