Liebe Leser,
zum gestrigen Editorial über den Verkehrsfluss in Hamburg gibt es etwas nachzutragen. Ging es eben noch um die jüngste Analyse des Verkehrsdatenunternehmens Inrix, folgte nun überraschend schnell das Resultat einer zweiten Untersuchung: Jetzt haben auch die Datenforscher von TomTom ihre neuesten Ergebnisse veröffentlicht. Und auch diese sind sehr interessant.
Bei der Messung des Zeitverlusts durch Verkehrsbehinderungen landete Hamburg bei Inrix unter den Großstädten auf Platz neun und zugleich fast exakt beim gesamtdeutschen Durchschnitt der Ergebnisse aus ländlichen Räumen, kleineren Städten und Ballungsgebieten. Die hiesigen Verkehrsplaner schienen demnach einiges richtig zu machen.
Und was sagt TomTom dazu? Traditionell schneidet unsere Stadt bei diesem Unternehmen schlecht ab, nicht zuletzt aus methodischen Gründen, das hatte ich gestern kurz erläutert. Nun hat TomTom seine Rechenmethode verändert: Der Untersuchungsbereich wird nicht mehr mit dem Zirkel auf der Landkarte gezogen, sondern so festgelegt, dass sich 20 Prozent aller zentrumsnah zurückgelegten Strecken darin befinden. Die Folge: Hamburg landet im Vergleich der schlimmsten »Stau«-Städte nur noch auf Platz acht.
Hier haben wir also endlich einen verlässlichen, durch zwei konkurrierende Unternehmen mit unabhängig voneinander erhobenen Daten ermittelten Befund: Der Straßenverkehr unserer Stadt, so lästig er in den Stoßzeiten sein mag, kommt im Vergleich mit anderen Ballungsräumen immer noch recht flüssig voran.
Und um in dieser Hinsicht Zweifel auszuschließen: Bei TomTom hält man die eigenen Resultate für gleichermaßen plausibel wie die von Inrix und erklärt die kleinen Differenzen mit den unterschiedlichen Berechnungsmethoden, wie mir ein Sprecher sagte.
Eine zweite Untersuchung von TomTom vergleicht die Durchschnittsgeschwindigkeiten im Stadtgebiet. Auch hier muss man das Kleingedruckte lesen: Erstmals zieht das Datenunternehmen Nebenstraßen und Erschließungswege in seine Rechnung mit ein, darum fällt die ermittelte Geschwindigkeit niedrig aus: In Hamburg sind es rund 24 Stundenkilometer. Damit landet die Stadt im Tempovergleich hinter Berlin, Leipzig und Frankfurt am Main auf Platz vier.
Und wie hat sich der Verkehr über die Jahre entwickelt? Weltweit und auch in Deutschland nehmen die Verkehrsbehinderungen erheblich zu, Inrix verzeichnete beim Vergleich des Zeitverlusts für Autofahrer binnen eines Jahrs in mehreren deutschen Großstädten zweistellige Zuwachsraten. Hamburg steht auch in dieser Hinsicht überraschend gut da. TomTom teilt mit: »Die Durchschnittsgeschwindigkeit in der Innenstadt blieb konstant«, auf längeren Strecken sei die Fahrzeit »leicht« angestiegen.
Sind das gute Neuigkeiten? Offenbar nicht für jeden. Wie bereits am Dienstag hat auch gestern die konservative Hamburger Opposition die jüngsten Befunde auf ihre Weise eingeordnet. »Fakt ist: Unter Bürgermeister Tschentscher hat sich der Verkehrsfluss in der Stadt deutlich verschlechtert«, heißt es in der jüngsten verkehrspolitischen Mitteilung der CDU.
Haben Sie einen schönen Tag!
Ihr Frank Drieschner